CD 1
Das Musik-Hörspiel zur Großen Heidelberger Liederhandschrift
1 - Prolog [4:00]
2 - Die Idee zur Sammlung [3:33]
3 - Der Codex Manesse [3:45]
4 - Besuch in der Werkstatt [5:59]
5 - Der Tannhäuser [9:37]
6 - Neidhart [8:06]
7 - Ulrich von Liechtenstein [11:49]
8 - Otto von Botenlauben [8:56]
9 - Walther von der Vogelweide [16:17]
10 - Epilog [4:22]
CD 2
Die Musik zum Hörspiel
1 - ALFONSO el SABIO: CSM 282. Par Deus, muit' á gran vertude (um 1260) [4:37]
Fideln, Schalmei, Oud, Krummhorn, Crotales, Tambor de Bombo, Dumbek, Tobillera, Cajon
2 - Ductia (Anonymous, um 1300) [0:38]
Platerspiele, Drehleier, Tambor de Bombo, Dumbek, Trumscheit
3 - S'on me regarde (Codex Montpellier, um 1300) [3:19]
Salterio, Psalter
4 - E Dame Jolie (Anonymus, um 1300) [4:21]
gotische Harfe, Carillon, Dulcimer, Psalter, Trumscheit, Schlüsselfidel
5 - Ich muoz klagen (Anonymus, um 1300) [4:12]
Keltische Harfe, Portativ, Tambor de Bombo, Gesang, Fidel, Colascione, Tar, Dumbek, Tobillera
6 - Neidhart von REUENTHAL (um 1180 - um 1240): Maienzît âne nît (Maienzeit anne nit) [4:42]
Dulcimer, Schlüsselfidel, Gesang, Mittelalter-Flöte, Schalmei, Cymbal, Tamburello
7 - Neidhart von REUENTHAL: Blôzen wir den anger [1:38]
Drehleier, Dudelsack, Gesang, Crotales
8 - Gesang auf die Schlacht von Fontanet (Anonymous, 841) [2:37]
Schofar, Mittelalter-Dudelsäcke, Platerspiel, Fränkische Heertrommeln
9 - Saltarello (Anonymus, um 1100) [3:05]
Arpa Doppia, Fidel, Dumbek, Tambor de Bombo, Schalmei, Tobillera
10 - Guillaume de MACHAUT (um 1300-1377): Douce Dame jolie [3:17]
gotische Kastenleier, Memling-Fidel, Flöten, Portativ, Tamburello, Dumbek, Cajon
11 - Flos Filius eius (Notre Dame Organum, um 1100) [3:27]
Mittelalter-Flöten, Crotales
12 - Adoramus te Domine (Codex Montecassino, vor 1500) [3:43]
Gesang
Sprecher:
Christian Brückner
Birge Tetzner
Jan Burdinski
Wolfgang Grindemann
Harry Kühn
Ulrike Hübschmann
Julia Wiedwald
Capella Antiqua Bambergensis
Wolfgang Spindler
Susanne Globish
Stephan Hänish
Anke Spindler
Andreas Spindler
Thomas Spindler
Wolfgang Spindler
Thomas Zapf
Der Codex Manesse und seine Geschichte von Armin Schlechter
Der Kaiser im Codex Manesse von Bernd Schneidmüller
Die Macht der Liebe von Carla Meyer
Der Weg einer Handschrift auf CD von Thomas Wolf
Gemalter Klang – die Musikinstrumente im Codex Manesse
Die Bilder der Manesse bieten eine überwältigende Mischung aus
schweifender Phantasie und blanker, oft entsetzlicher Realität, lassen
uns in das hochmittelalterliche Menschenleben zwischen Liebe, Abenteuer
und Totschlag blicken. Schon auf dem königlichen Blatt der Tafel 4
spielen die meistgehörten Musikinstrumente des damaligen Abendlandes
ihre unüberhörbare Rolle: König Wenzel von Böhmen versammelt Hofbeamte,
Ritter und zwei Spielleute mit Fidel und Schalmei um seinen Thron.
Der Maler hat weder die Grifflöcher des Blasinstrumentes vergessen noch
sein tongebendes Rohrblatt. Die Fidel hingegen hat vier Saiten, Wirbel,
Sattel, aber keinen Steg, der Spieler keinen Bogen. Aus dem
unübersehbaren und verwirrenden Reichtum der Saiteninstrumente des
frühen Mittelalters haben sich die im Codex bedachten Dichter und
Spielleute nur drei Repräsentanten erwählt: Die bereits in königlichen
Diensten lobspendende Urform unserer heutigen Violine, dazu aber das
immer noch lebendige Erbe der Antike, den Psalter und die baugleich bis
auf unsere Zeiten gekommene Harfe.
Die Maler unserer Handschrift gehen sehr bewusst und personenbezogen
vor. Herr Hiltbolt von Schwangau, Tafel 46, tanzt im Kettenhemd und
Helm mit literaturbekannten Damen seiner Zeit: Elle und Else. Rhythmus
und Melodie gibt die Fidel, die an unsichtbarem Gurt um den Hals des
Spielers gehängt und senkrecht zur Erde mit dem Bogen gestrichen wird,
wobei der Maler den Steg weit in die Mitte des sauber abgebildeten
Instrumentes stellt, was aber auch bei Herrn Reinmar, auf Tafel 104
auffällt. Deutlich wird sogar das Problem der Saitenspannung des
Fidelbogens angemalt: Der Musikant hat seinen Daumen zwischen Stange
und Haarbezug gelegt und kann damit einen variablen Druck auf die durch
den runden Holzbogen vorgespannten Pferde- oder Eselshaare ausüben.
Die tatsächlich in jeder Beziehung tonangebende Bedeutung dieses
Instruments wird auf einer der letzten Tafeln mit Meister Heinrich
Frauenlob sichtbar: Inmitten einer buntgescheckten Musikerschar steht
der Fidler auf einem eigenen Teppich, während Trommel, Holzflöte,
Schalmei, Psalter und Sackpfeife schweigen.
Die besten dieser Truppe schafften es, in den sicheren Dienst eines
Fürsten zu treten, die auffallende Kleidung des Vagabunden gegen ein
Dienstkleid des Gefolges zu tauschen, wie es beim Markgrafen Otto von
Brandenburg auf Tafel 6 zu erkennen ist. Das Schachspiel der Herrschaft
bietet die Opferzüge der Bauern, die Sackpfeife dazu den passenden
Klang. Der Trommler in der Mitte, sein Fell mit einer Schnarrsaite
aufreizend versehen, spielt hörbar die laufende Zeit des Kampfes mit
ihrer knisternden Spannung zwischen berechneten und unerwarteten Zügen.
Die kühnen Wege der ritterlichen Figuren um König und Dame aber werden
von den ihrem Rang entsprechenden privilegierten golden leuchtenden
Blasinstrumenten paariger Businen begleitet. Sie können Signale
erklingen lassen, die jeder Soldat kennen und beachten musste, hing
doch die Kriegsführung von der Bewegung der Truppenteile ab. Signale,
aber kaum mehr melodische Musik lassen auch die kurzen Jagdhörner
anderer Tafeln hören, „rau” wird ihr Klang von den Zeitgenossen
empfunden.
Vor allem die Bildhauer und Maler kirchlicher Darstellungen lieben
Abbilder des seit Jahrtausenden überkommenen Saiteninstruments mit dem
Namen „Psalter”. Dreimal spielt er auch im Codex Palatinus: Tafel 91
lässt eine Zeremonie des Herrn von Bucheim und seiner Dame von einem
Knaben mit diesen zarten Tönen begleiten. Der in leuchtendem Rot
gekleidete goldgelockte Spieler musiziert fachgerecht mit dem Plektrum
auf einem Instrument, dessen Saiten gedoppelt sind, während die
baugleichen Instrumente bei Frauenlob und Meister Sigeher einsaitig pro
Ton gemalt wurden. Zither und Hackbrett sind die heute noch tönenden
Verwandten dieser antiken Vorfahren.
Erst kürzlich verflossene Zeiten der Romantik gaben den Minnesängern am
liebsten die Harfe in die Hände, während die insgesamt 19 Miniaturen
des Codex, die ein Instrument vorführen, nur zweimal ihr Bild zeigen:
Herr Bligger von Steinach hat sie nur im Wappen, der rotgewandete
„Wilde Alexander” auf schwarzem Ross der Tafel 132 lässt dieses
biblische Instrument über den Zinnen seines Bildes von einer
langgelockten Dame spielen, welche die Technik des Psalters auch hier
anwendet, da sie mit beiden Händen in der gleichen Spielebene „einen
dôn herpft”. Beide Harfeninstrumente haben aber ein Merkmal, welches
auf die Tradition jahrhundertealter Überlieferung des Handwerks in den
Bildern Altägyptens und zugleich auf die magischen Seelenkräfte dieses
Instruments andererseits hinweist: Der Rahmen der Harfe ist der Körper
eines Lebewesens, dessen Kopf vom Menschen oder einem Tier genommen
wurde und noch auf den Meisterinstrumenten der Barockzeit in den
Familien der Gamben und Geigen zu finden ist.
Die nichtilluminierte Federzeichnung der Tafel 65a zeigt neben der
Turnierszene zwei Spielleute. Einer bläst ein unidentifizierbares
Instrument, dessen Mundstück und Stürze auf eine engmensurierte
Trompete deuten lässt, während die Finger die Spielart mit Tonlöchern
anzeigt. Der andere Spieler, weiblich behaubt, musiziert absolut
fachgerecht auf dem kleinsten Einmann-Orchester seiner Zeit:
Schwegelpfeife und Trommel. Diese Schnabelflöte hat nur drei
Grifflöcher und kann eben damit von nur einer Hand gespielt werden,
erzeugt aber durch spezielle Blastechnik alle gewünschten Melodietöne.
Zweimal taucht die hölzerne Querflöte auf, Tafel 133 und 137, beide
Male im Konzert mit der Fidel. Dieses Blasinstrument hat keinerlei
Klappen und ist trotzdem ebenso virtuos spielbar wie sein gestrichenes
Gegenstück. Die Blockflöte spielt in den Zeiten der Dichter und Sänger
anscheinend überhaupt keine Rolle.
Die Tafel von Meister Frauenlob zeigt einesteils eine sehr exakt
gezeichnete Schalmei, deren Grifflöcher der Handhabung angepasst sind,
während das röhrenförmige Holzinstrument neben der Trommel ungreifbare
Tonlöcher aufweist, aber oben ein etwas abgesetztes Labium haben
könnte.
Zusammenfassend zeigt uns die Manesse, dass die Fidel unangefochten
und, wie auch im Nibelungenlied beschrieben, eine Hauptrolle spielt,
neunmal in Szene gesetzt. Ihr folgt fünfmal die Schalmei, deren Klang
in der heutigen Oboe weiterlebt. Ebenso oft und gerne mit ihr zusammen
ertönt die kleine Handtrommel. Dreimal spielt der Psalter, zweimal die
Sackpfeife und Harfe, Tierhorn, Querflöte und Businen. Nur einmal
tauchen ein metallenes Signalhorn, die Schwegelpfeife und anscheinend
die Blockflöte auf.
Das „Orchester des Mittelalters” spielt bei Meister Frauenlob. Alle
Musikinstrumente hatten zu Zeiten der Züricher Ratsherren eine
lebendige Geschichte hinter sich, die sich im Buch Daniel 3,5 bereits
beschrieben findet. Dort spielt das Orchester des Nebukadnezar auf
„qarna, masroqita, qaytros, sabka, psanetterin, sumponya und kol zeney
zemara”, was in der aramäischen Vorlage den Bibelübersetzern folgende
jeweils zeitgenössisch zugeordnete Musikinstrumente aufzählt:
Metalltrompeten (Businen), Schalmeien, Leiern, Winkel-Harfen,
Schlägel-Harfe, Sackpfeifen.
Die Musikinstrumente aus der Welt unserer Vorfahren in ihren teils
extremen Lautstärken und völlig ungewohnt gewordenen Klangfarben
erzählen einen Teil unserer Kulturgeschichte, reichen von schriftlosen
Urzeiten bis in unsere Tage. Mittendrin in diesen Epochen findet sich
das Erbe des Mittelalters im Codex Manesse.
In den Mauern der ehemalig fränkischen Königsburg und späterem
fürstbischöflich-bambergischen Amtsschloss zu Wernsdorf haben alle
Instrumente aus dieser Handschrift nebst ihren später hinzu gekommenen
Verwandten der Renaissance und Barockzeit eine Heimat gefunden und
erwachen in Konzerten zu ihrem eigenen und unverwechselbaren Leben, zum
klingenden Geist der Geschichte.
Prof. Dr. Wolfgang Spindler
Fidel
In der offensichtlich sehr bewussten Hierarchie der Personen wird die Fidel schon auf Tafel 4
neben einer Schalmei dem König Wenzel von Böhmen mit huldigenden
Musikanten zu Füßen gelegt. Der Maler zeigt einen großen, durchgehenden
Corpus mit vier Saiten, das Instrument ist mittels Band umgehängt, der
Spieler hat keinen Bogen.
Der damals bekanntere Gebrauch der Fidel ist aber bei Tafel 46 zu finden. Herr Hiltbolt von Schwangau tanzt mit den im Gedicht genannten Mädchen namens Elle und Else, der Musikant legt mit schöner Fingerhaltung einen großen Rundbogen auf das nachträglich vergoldete Instrument, wodurch nahe der vier Wirbel die Finger und Saiten fehlen. Es gibt keinen Obersattel, wohl aber einen bis zur Mitte des Instruments reichenden Untersattel, der an zwei dicken Saiten hängt, einen deutlich gezeichneten Steg mit zwei Füßen und zwei parallel zu den Zargen verlaufende längliche Resonanzlöcher. Die Haltung der Fidel zum Körper des Spielers ist so oft wie hier angezeigt, dass man sie als üblich für das Mittelalter bezeichnen kann: Mittels Band um Hals und Schulter gehalten, quer zur Brust und der Strich des Bogens senkrecht zum Boden, letztlich also eine komplette Drehung von zweimal 90 Grad gegenüber heutiger Spielhaltung.
Die Tafel 104 zeigt bei Herrn Reinmar, dem "Vidiller" das absolut gleiche Bild, allerdings mit Griff-Fingern der linken Hand, die mindestens zwei Saiten sehr elegant berühren. Letztere sind sorgfältig um ihre jeweiligen Wirbel gewickelt. Auch hier ist der große mittige Untersattel eine anscheinend durchbrochene Holzarbeit. Die Fidel im Wappen und jene der Heimzier sind nur dreisaitig. Darauf spielt der Musikant der Tafel 133 bei Meister Rumelant, wobei der Maler andeutet, dass man das Instrument mit Kinn und Wange festhalten muss.
Das bedeutendste Musikerbild ist jenes des Heinrich Frauenlob. Es
stellt bei der Vielzahl der gezeigten Musiker die Fidel auf einen
eigenen Teppich in den Mittelpunkt. Der Maler hängt den Untersattel
direkt an den Corpus, vergisst einen Steg und bildet auch auf dem
Nebeninstrument jeweils fünf Wirbel, aber nur vier Saiten ab. Die
überdeutliche Fingerhaltung des Spielers sagt, dass er mehrstimmig
musizieren kann.
Insgesamt ist die Fidel das Instrument der Tanzmusik und reicht doch bis zum Fürstenlob.
Flöten
Zwei Querflöten und wohl eine Blockflöte finden sich in der Manesse.
Beim mehrfach erwähnten Meister Frauenlob trägt der links außen
stehende Musiker anscheinend eine Blockflöte in seiner Rechten, über
deren Bau man keine weiteren Einsichten erhält. Zumindest scheint die
klingende Länge sich um 1 ½ Fuß zu bewegen, was heute einer Alt-Lage
entspricht. Eindeutig quer geblasen wird gerade das Holz bei Tafel 133.
Auth hier ist eine sehr handliche Länge angezeigt.
Diffiziler und elegant erscheint dagegen Instrument und Spielhaltung der Tafel 137.
Zwar ist das Anblasloch zu weit in der Mitte des engen Instruments, die
Hände aber zwischen gehaltenen und stark abgespreizten Fingern stark
funktionell erkannt.
Harfe
In den Bildersammlungen aus mittelalterlichen Zeiten ist die Harfe
ebenso häufig dargestellt wie die Fidel, nicht in der Manesse, denn sie
wird nur zweimal gebracht.
Herr Bligger hat dieses Instrument in der Tafel 58 im Wappen:
Die Form der "cithara anglica" als Rahmenharfe, die man
verallgemeinernd als "gotische Harfe" bezeichnet. Der Maler ist hier
ganz in Unkenntnis, dass die elf Saiten nur dann einen hörbaren Ton
geben, wenn sie am Resonanzkasten hängen, der hier sehr groß geraten
ist und merkwürdig erscheinende Resonanzlöcher aufweist. Interessant
wiederum ist der Tierkopf an der geschwungenen Vorderstange, der ja auf
älteste überlieferungen hinweist bis zum falkenköpfigen Musikergott der
Ägypter.
Dem Maler der Tafel 132 ist dieses königliche Instrument
ebenfalls recht unbekannt, denn hier füllen die 12 Saiten einfach
schräg gesetzt das Instrument, wobei aber das "harpffen" der Finger
beider Hände dargestellt wird.
Hörner
Signalhörner gibt es seit vorgeschichtlichen Zeiten. Sie sind das
Instrument der Jagd und selten so schön dargestellt wie auf der Tafel 67
und dem Text des "von vil rotem golde herlichez horn", dem sichtlich
Töne in Form feiner Striche entfliehen. Das Horn ist gebogen, stark
konisch verlaufend und rund 2 Fuß lang. Drei abgesetzte Doppelringe
können durchaus auf vier Arbeitsstücke hindeuten. Nicht vergessen ist
das lange Trage Band. Das zweite Instrument dieses Bildes ist von
schwarzer Farbe, also ein Tierhorn und wird vom Hundeführer geblasen;
es ist einteilig.
Ein solches Horn blast auch Herr Geltar der Tafel 110.
Psalter
Die Zeit der Minnesäger liebt die Form des geschwungenen Psalteriums,
das sich aus der alten einfachen Dreiecksform herleitet. Das Bild der Tafel 91
malt die zwei parallel zum Corpus laufenden und damit ebenfalls
geschwungenen Stege, Doppelsaiten, die mittels Plektrum angezupft
werden und insgesamt vier Resonanzlöcher. Die Spielhaltung ist hier
unüblich an die Brust gesetzt. Frauenlobs Musiker hält ein einfach
besaitetes Instrument, zwei Tafeln weiter legt der Spieler den Psalter
stützend auf den Oberschenkel. Als "Hackbrett" hat der Psalter bis
heute einen Platz in Volks- und Kunstmusik gehalten. Die klangliche
Schönheit des Psalterspiels ist dagegen im Kirchenraum verloren
gegangen und wird nur noch in Bildern angedeutet.
Sackpfeife und Businen
Markgraf Otto von Brandenburg spielt auf Tafel 6 mit einer
Dame Schach. Die vier Musikanten an der Fußpartie der adeligen
Gesellschaft spielen aber nicht, wie öfters beschrieben, das
Fürstenlob, sondern sind die klingenden Zeugen der kriegerischen
Spielzüge. Die Trommel bittet um Aufmerksamkeit. Die Langtrompeten,
übermannsgroß, haben je einen Mittelknopf und eine lang zylindrisch
verlaufende Form, die dann ziemlich unvermittelt in eine große Stürze
übergeht. Sie sind das fürstliche Zeichen des Angriffes der zweiten
Reihe jeder Schlacht, wo sich der Adel hoch zu Ross aufhielt, bis die
Bauern ihre Rolle als
Schlachtopfer gespielt hatten – ihrer gedenkt die Sackpfeife.
Der Maler ist sachkundig, Spielpfeife und Bordunpfeife nebst dem Anblasrohr sind gelungen. Der Luftsack hat einen gehörnten Ziegenkopf, dessen Maul die Spielpfeife hält. Dieser Intrumenten-Darstellung schließt sich die Sackpfeife der Tafel 129 an.
Schalmei
"Schalmei" ist im Mittelalter der Sammelbegriff für alle
Rohrblatt-Instrumente und zeigt im Namen die Herkunft aus frühesten
Zeiten.
Fürstenlob muss weithin schallen, wofür die Schalmei mit ihrem hellen
und sehr obertonreichem Klang besonders geeignet ist. Der Maler des
böhmischen Königs Wenzel vergisst weder die Grifflöcher noch das
deutlich aus dem Kopfstück herausragende Doppelrohrblatt. Die Mensur
ist konisch verlaufend.
Unklar ist das Blasinstrument der Tafel 5, obwohl die Griffhaltung beider Hände durchaus auf ein Holzblasinstrument hinweisen.
Gleiches Problem wie Tafel 5 liefert die Zeichnung zu 65a,
wo das weit ausladende Endstück des Blasinstruments an eine
Kurztrornpete denken lässt, die wiederum überdeutliche Fingerhaltung
bezieht sich aber auf ein mehrfach Tonloch tragendes Instrument.
Eindeutig dagegen scheint die Begleitmusik des Turniers zur Tafel 63
gezeichnet. Zur Schnarrtrommel mit interessanten Doppelschlägeln spielt
eine Schalmei, wobei der Maler deutlichen Wert auf die sichtbare
Fingerfertigkeit legt, dabei aber die Hände verwechselt, denn die
abdeckende Hand muss am Mundstück sein.
Besonders fachgerecht ist die Schalmei bei Heinrich Frauenlobs Truppe.
Hocherhoben zeigt sie eine runde Mundstütze, eng aneinander gesetzte
Grifflöcher, ein Resonanzloch nahe dem Fuß und ein breites
Doppelrohrblatt in seiner originalen Färbung vom Schilfrohr her.
Die klingende Länge aller Instrumente steht bei 1 ½ bis 2 Fuß,
entspricht also einer Tonhöhe der Alt-Lage, wie bei der heute
gebräuchlichen Oboe, die ja der direkte Nachkomme dieser ehemaligen
Großfamilie geblieben ist.
Trommel
Tafel 5 zeigt ein wiederkehrendes Bild dieses Schlagwerkes:
Etwas größer als der Männerkopf ist das Fell, aufgelegt in die Mitte
eine Schnarrsaite, die linke Hand hält die runde Zarge, die Rechte
spielt von unten her mit einem gedoppelten Schlägel, so auch in Tafel 63. Der Spieler der Tafel 129 hat sich die Trommel um den Hals gehängt, während jener des Markgrafen Otto (6) Virtuosität mit zwei Spielhänden bringt; hier hängt der Corpus an der Brust und die Schlägel sind je einteilig.
2006
Schloß Wernsdorf
2006 | C.A.B. Records CAB-10 (2 CD + Multimedia CD-ROM)
capella-antiqua.de
recorderhomepage.net