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Harmonia mundi HM 396-98 (3 LPs)
compilación 1977
LP1. HM 396
ANONYME (fin 12e. siècle)
1. A l'entrada del temps clar [2:52]
voix mixtes, viéle, chitarra saracenica, tintinnabulum, tambour, tambour à grelots
PEIROL (1180—env. 1225)
2. Quant Amors trobèt partit [3:30]
voix, tambour
PEIRE VIDAL (env. 1175—1204)
3. Vida et Razos [8:04]
récitant, luth, flûte de berger, galoubet, cornemuse, tambour, tambourin, crotales
4. Barons de mon dan convit [9:47]
ténor, luth, tympanon, flûte à bec
—
BERNART DE VENTADORN (né env. 1125)
1. Quan vei la lauzeta mover [10:33]
chant, bûche
RAIMBAUT DE VAQUEIRAS (env. 1155—1207)
2. Vida [7:02]
récitant, vièle, rubebe
3. Calenda maia [9:47]
chant, vièle, rubebe, bûche, tambour-calice
LP2. HM 397
LA COMTESSA DE DIA (vers 1160)
1. Vida [0:23]
récitant
2. A chantar [14:36]
soprano, vièle, tympanon, rubebe, tambour
AZALAÏS DE PORCAIRAGUES (fin 12e siècle)
3. Vida [0:28]
récitant
4. Ar em al freg temps vengut [10:28]
soprano, vièle, tympanon, rubebe, tambour
—
Bernart de VENTADORN (né vers 1125)
1. Vida [2:40]
récitant, flûte de berger
2. Can l'erba [6:14]
soprano, vielle à roue, flûte à bec, tambour
à grelots
FOLQUET DE MARSELHA (env. 1180—1231)
3. Vida [4:00]
récitant, vièle
4. Sitot me soi [11:15]
soprano, orgue portatif
GUILHEM DE CABESTANH (env. 1180—1231)
5. Vida [5:24]
récitant, luth
LP3. HM 398
MARCABRUN (vers 1150)
1. Vida [1:10]
récitant, luth
2. L'autrier jost' una
sebissa [4:55]
ténor, sifflet, luth, tambour, tambour à grelots, crotales
ANONYME (vers 1200)
3. Novel amor [12:10]
luth, flûte à bec, viéle, cornet à bouquin, tympanon, tambour-calice
&mdashM
RAIMON DE MIRAVAL (env. 1135—env. 1216)
1. Selh que non vol [3:12]
vielle à roue
JAUFRE RUDEL (vers 1150)
2. Vida [2:11]
récitant, flûte à bec
3. Lanquan li jorn [18:21]
chant et vielle à roue
Sources: Biblioteque Nationale, Paris: Fonds frs. 844, 846, 12615,
20050, 22543
CLEMENCIC CONSORT
René Clemencic
Pilar FIGUERAS, soprano
René ZOSSO, chant et vielle à roue
Frederick URREY, ténor
René CLEMENCIC, flûte de berger, galoubet, flûtes à bec, sifflet, orgue portatif
Michael DITTRICH, vièles
Andras KECSKÉS, luth, rubebe, chirarra saracenica
Anne OSNOWYCZ, bûche, tintinnabulum
Frantisek POK, cornet à bouqin, cornemuse, tambour à grelots, crotales
Esmail VASSEGHI, tympanon, tambour-calice, tambour, tambour à grelots
Yves ROUQUETTE, récitant
Harmonia Mundi, Ⓟ 1977
Enregistrement en juin 1977 en l'Eglise de Palaja
Prise de son et montage: Alberto Paulin
Traduction française des Chansons des Troubadours et
transcription des Vidas en occitan moderne: Yves Rouquette ©
Harmonia Mundi
Illustration. Jongleurs. Bibliothèque Nationale, Paris. Ms latin
1118, f. 110
Maquette: Relations
Spätestens in der zweiten Hälfte des 11.Jahrhunderts entsteht
im Süden des heutigen Frankreich eine bedeutsame weltliche
Liedkunst in der Volkssprache dieses Gebietes, im
provençalischen verlaßt. Nach ihrem Bejahungspartikel
„oc” wird diese Sprache, die heute noch leicht abgewandelt
in Südfrankreich (Languedoc, die Provence im engeren Sinn,
Limousin und Auvergne umfassend) gesprochen wird, auch „Langue
d'oc” oder Okzitanisch gennant. Die Dichter dieser Schule, die
oft auch die Melodien ihrer Lieder erfinden, nennen sich Trobadors
(französisch Troubadours), „Finder”,
„Erfinder” von Wort und Weise. Mitte des 13. Jahrhunderts
ist der Höhepunkt der Troubadourkunst bereits überschritten.
Nicht zuletzt haben die traurigen politischen Zustände
(Albigenserkriege, Kreuzzüge, Annektierung dieser
eigenständigen Kultur durch die Franzosen) dazu beigetragen. Doch
wird in weiten Teilen Europas die Troubadourkunst aufgenommen bzw.
umgeformt. Dante war einer ihrer innigsten Verehrer (in Canzonen Dantes
finden sich Verse in provençalischer Sprache). Teile Spaniens
und Italiens inspirieren sich an ihr. Die (nord) französischen
Trouvères setzen ihre Anregung ins Französische, die
Minnesänger ins Mittelhochdeutsche um.
Thematischer Kern der Troubadourkunst ist die „Liebe”. Der
hier gültige Liebesbegriff ist nicht leicht zu definieren und
stimmt selten mit dem späteren romantischen überein. Uraltes,
Magisches, Vasallentum, Mystisches etc. spielen hier herein. Leiblichen
Besitz des geliebten Gegenstandes, Sanktionierung durch die Ehe
schließt die hier gemeinte Liebe („Fin Amors”) aus.
Doch ist bei aller scheinbaren Sonderbarkeit und
Unverständlichkeit uns heute noch vieles mittelbar vertraut. Die
„Ritterlichkeit” einer „Dame” (dompna
provençalisch) gegenüber, die
„Höflichkeit”, das „Verehren” des
Gegenstandes der Liebe, der „Anbeter” etc. sind uns
sprachlich noch verblieben.
Das Liebeslied der Troubadourkunst wird als Canso bezeichnet,
ein mehrstrophiges Gebilde, wobei die Strophen oft gleichen Reimaufbau
haben. Neben dem Canso aber gibt es noch andere Gattungen, die nicht
die hohe Liebe zum Gegenstand haben. Die Sirventes (eigentlich
„Vasallenlieder”) „entlehnen” ihre Weise meist
einer Canso. Ihr Inhalt ist aber meist politisch oder moralisierend.
Der Enueg ist den Sirventes ähnlich Es handelt sich hier
um Scheltlieder (enueg— Verdruß), oft derber Art.
Die Tenso ist eine Art Disput zwischen zwei Parteien. Die Alba
ist ein Taglied (wie noch der zweite Akt des Tristan in gewaltigen
Ausmaßen), wobei das Wort alba jede Strophe
beschließt. Balade und Dansa sind Tanzlieder mit
Refrain. Ein Sonderfall der erzählenden Gattung ist die Pastorela
mit stereotypem Handlungsschema: ein Ritter versucht, meist
ergebnislos, eine meist recht gewitzte Schäferin bzw. Bauern-dime
zu verführen.
Die Troubadours konnten nahezu aus allen Kreisen der Bevölkerung
stammen. Wir finden unter ihnen Könige, Fürsten, jederlei
Adel, Bürger, Bediente, Jongleure, Mönche, Bischöfe usw.
Wer ein Lied selbst erfand, war ein Troubadour, wer es
berufsmäßig gegen Entgelt zur Ausführung brachte, ein
joglar (Jongleur, Spielmann). Das eine war kein Hinderungsgrund
für das andere. Es gab Troubadours die nur „erfanden”,
andere, die auch eine gute Stimme hatten oder gut Instrumente spielten
bzw. Joglars, die auch „erfinden” konnten. Unter den
Troubadours und Joglars finden sich immer wieder auch Frauen. Die
berühmteste Trobadora ist wohl die Comtessa de Dia.
Die uns aus dem 13. und frühen 14. Jahrhundert überlieferten
„Vidas” und „Razos” wurden von den Joglars als
Einleitung zum Vortrag der Lieder verwendet. Zum Teil sind sie
historisch getreu, zum Teil tragen sie legendäre Züge. Die
Ausführung der Lieder war wohl oft Teil lebhaften
gesellschaftlichen Treibens. In einem provençalischen Roman in
Versen („Flamenca”) aus der ersten Hälfte des 13.
Jahrhunderts lassen sich nach einem Festessen die Joglars hören:„Jetzt
kamen die Jongleure herbei, ein jeder wollte sich hören lassen...
Wer immer ein neues Lied auf der Fidel spielen konnte, oder ein neues
Chanson, Descort oder Lai kannte, machte sich heran so gut er konnte.
Der eine harft, der andre spielt Flöte, der andre ein Pfeiflein...
Der eine erzählt, der andre begleitet, der eine spielt Dudelsack,
der andre Mandora; einer läßt Marionetten tanzen, der andre
jongliert mit Messern... Der eine bringt die Verse Macabru's zum
Vortrag, der andre erzählt von Dädalus”.
In der Aufführungspraxis der einstimmigen Troubadourweisen ist der
vor allem aus dem benachbarten Spanien kommende maurische Einfluß
mehr oder minder spürbar gewesen. Bei den spanischen
Fürstenhochzeiten bestanden die Jongleurtruppen fast stets aus
Arabern, Juden und Christen. Die musikalisch so bedeutsame Abtei von
St. Martial de Limoges verfügte über muselmanische Sklaven.
Ebenso kamen durch die Kreuzzüge die Troubadours und Jongleure
immer wieder mit arabischer Musik und Instrumenten in Berührung.
Dr. RENÉ CLEMENCIC