Ein neues Lied wir heben an Musik der Reformation
Peter Schreier · Capella Fidicinia



IMAGEN

medieval.org
amazon.co.uk


Berlin Classics 0091202BC
1997
grabación de 1982






IMAGEN

Capriccio 10 089






Johann Walter (1496 - 1570)
01 -  Wohlauf, wohlauf mit lauter Stimm   [2:23]
SW 1:LXXIV
Text: Johann Walter
Strophen 1-5:
Zink / Alt-Posaune / Peter Schreier, Tenor / Tenor-Posaune
(1. Stimme / 2. Stimme / 3. Stimme / 4. Stimme)

02 - Wider die Kainischen Blutsverwandten  [3:55]
(Kain sich aber regen tut)
SW 1:LXIX
Text: Johann Walter
Strophen 1, 4, 5:
Zink / Krummhorn / Peter Schreier, Tenor / Dulzian
Strophe 6:
Gisela Burkhardt, Sopran · Zink / Ekkehard Wagner, Tenor altus · Krummhorn /
/ Peter Schreier, Tenor · Tenor-Viola da gamba / Günther Schmidt, Baß · Dulzian

03 - Herr Christ, der einig Gotts Sohn   [3:37]
SW 1:XIX
Text: Elisabeth Creuziger
Strophen 1, 3, 5:
Krummhorn (1. und 2. Stimme) / Peter Schreier, Tenor / Tenor-Viola da gamba
Strophen/verses 2,; 4:
Flöte / Laute / Peter Schreier, Tenor / Laute

04 - Gelobet seist du   [3:46]
SW 1:XIII
Text: Martin Luther
Strophen 1, 3, und 6:
Flöte / Alt-Viola da gamba / Peter Schreier, Tenor · Tenor-Viola da gamba / Orgelpositiv · Tenor-Viola da gamba
Strophen 2, 5:
Gisela Burkhardt, Sopran / Ekkehard Wagner, Tenor altus / Peter Schreier, Tenor / Günther Schmidt, Baß · Orgelpositiv
Strophe 7:
Gisela Burkhardt, Sopran · Flöte / Ekkehard Wagner, Tenor altus · Alt-Viola da gamba /
Peter Schreier, Tenor · Tenor-Viola da gamba / Günther Schmidt, Baß · Tenor-Viola da gamba · Orgelpositiv

05 - Wach auf, wach auf, du deutsches Land   [2:53]
SW 3:Seite 76
Text: Johann Walter
Strophen 1, 21:
Zink / Krummhorn / Peter Schreier, Tenor · Tenor-Viola da gamba / Tenor-Posaune
Strophen 12, 24:
Werner Marschall, Diskantus · Zink / Ekkehard Wagner, Tenor altus · Krummhorn /
Peter Schreier, Tenor · Tenor-Viola da gamba / Günther Schmidt, Baß · Tenor-Posaune

06 - Ein neues Lied wir heben an   [4:47]
SW 1:IV
Text: Martin Luther
Strophen 1, 3, 7, 8 und 10:
Orgelpositiv (1., 2. und 4. Stimme) / Peter Schreier, Tenor (3. Stimme)

07 - Mit Fried und Freud fahr ich dahin  [3:50]
SW 1:XLIV
Text: Martin Luther
Strophen 1-4:
Flöte / Alt-Viola da gamba · Laute / Peter Schreier, Tenor / Tenor-Viola da gamba · Laute (4. und 5. Stimme)

08 - Johanns Ernst bin ich getauft   [3:52]
SW 1:LX
Tex: Johann Walter
Strophen 1-3:
Flöte / Orgelpositiv / Alt-Viola da gamba / Peter Schreier, Tenor · Tenor-Viola da gamba / Tenor-Viola da gamba



Benedictus Ducis (um 1485-1544)
09 - Nun freut euch, liebe Christen gmein   [4:11]
Texts: Martin Luther
Strophen 1, 2, 4:
Gisela Burkhardt, Sopran / Ekkehard Wagner, Tenor altus / Peter Schreier, Tenor /
Gunther Schmidt, Baß ··· Orgelpositiv (1.-4. Stimme)



Aus dem Singbuch des Adam Puschmann
10 - In der Silberweise   [1:35]
(Salve ich grüß dich schone)
Peter Schreier, Tenor



Caspar Othmayr (um 1515-1553)
11 - Ein feste Burg ist unser Gott   [8:02]
Text: Martin Luther
Strophe/verse 1:
Flöte / Alt-Viola da gamba / Peter Schreier, Tenor · Laute / Tenor-Viola da gamba
Strophe/verse 2:
Flöte / Ekkehard Wagner, Tenor altus · Alt-Viola da gamba / Peter Schreier, Tenor · Laute / Tenor-Viola da gamba
Strophe/verse 3:
Gisela Burkhardt, Sopran · Flöte / Alt-Viola da gamba / Peter Schreier, Tenor · Laute / Tenor-Viola da gamba
Strophe/verse 4:
Gisela Burkhardt, Sopran · Flöte / Ekkehard Wagner, Tenor altus · Alt-Viola da gamba / Peter Schreier, Tenor · Laute / Gothart Stier, Baß · Tenor-Viola da gamba



Aus dem Singbuch des Adam Puschmann
12 - (Im langen Ton)   [2:25]
(Als Gott saget zu Abraham)
Peter Schreier, Tenor



Ludwig Senfl (um 1490-1543)
13 - Odu armer Judas   [1:25]
Text unbekannt
Strophe 1:
Zink / Alt-Posaune / Günther Schmidt, Baß / Peter Schreier, Tenor / Tenor-Posaune

14 - Wie wohl viel herter Örden sind   [3:02]
Text unbekannt
Strophen/verses 1, 5, 8 und 11:
Krummhorn / Alt-Viola da gamba / Peter Schreier, Tenor / Dulzian



Arnold de Bruck (um 1490-1554)
15 - Aus tiefer Not schrei ich zu dir   [3:56]
Text: Martin Luther
Strophe 1:
Diskant-Viola da gamba / Alt-Viola da gamba / Peter Schreier, Tenor · Tenor-Viola da gamba / Tenor-Viola da gamba
Strophe 2:
Lauten 1 und 2 / Peter Schreier, Tenor
Strophe 3:
Diskant-Viola da gamba / Alt-Viola da gamba / Peter Schreier, Tenor · Tenor-Viola da gamba / Tenor-Viola da gamba (4 Stimme)
Lauten 1 und 2




Ludwig Senfl (um 1490-1543)
16 - Pacientia   [3:23]
Text unbekannt
Strophen 1-3:
Werner Marschall, Diskantus / Ekkehard Wagner, Tenor altus / Peter Schreier, Tenor / Günther Schmidt, Baß
Tenor-Viola da gamba (4. Stimme)
Lauten 1 und 2



IMAGEN


Peter Schreier, Tenor


Vokalsolisten der Capella Fidicinia:

Gisela Burkhardt, Sopran
Werner Marschall, Tenor altus und Diskantus
Ekkehard Wagner, Tenor altus
Günther Schmidt, Baß
Gothart Stier, Baß


Capella Fidicinia
am Musikinstrumenten-Museum der Universität Leipzig


Rainer Gebauer, Blockflöte
Andreas Voigt, Zink/Krummhorn
Gerhard Weißenborn, Alt-Posaune alter Mensur
Heiner Ullmann, Krummhorn
Lutz Klepel, Dulzian
Hans Peter Linde, Diskant-Viola da gamba
Friedemann Starke, Alt-Viola da gamba
Siegfried Pank, Tenor-Viola da gamba
Doris Linde, Tenor-Viola da gamba
Franz Just, Laute
Roland Zimmer, Laute
Walter Heinz Bernstein, Orgelpositiv

Leitung: Hans Grüß



Aufführungspraktische Einrichtung: Hans Grüß
SW = Johann Walter, Sämtliche Werke
Johann Walter: Wittembergisch deudsch Geistlich Gesangbüchlein




Recording: Berlin, Christuskirche, 1/1982
Recording Producer: Dagmar Vorwerk
Balance Engineer: Eberhard Richter
Recording Engineer: Hartmut Kolbach
Editing: Martina Schon




IMAGEN



Lieder der Reformationszeit

Im Jahr 1517 trat Martin Luther mit 95 Thesen gegen den kirchlichen Ablaßhandel auf und brachte damit in Deutschland eine religiöse Reformbewegung in Gang, die letztlich zur Spaltung der Westkirche führte. Für Luther hatte Musik als Gotteslob, Erbauungsmittel und Lehrhilfe einen hohen Stellenwert. So verwundert es nicht, daß sich schon im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts ein umfangreiches Repertoire spezifisch protestantischer Kirchenmusik her-ausbildete, dem die hier eingespielten Stücke ganz überwiegend zuzurechnen sind. Als den ursprünglichen Ort ihres Erklingens darf man sich nicht allein die Liturgie vorstellen. Vielmehr waren sie auch für den Gesang an den gehobenen Schulen, die fromme Geselligkeit und die häusliche Andacht bestimmt.

Man würde den Ausdruck »Lieder« im Titel dieser CD mißverstehen, wenn man hier etwas den Kunstliedern Schuberts Ähnliches zu hören erwartete. Die Machart und die Struktur der 13 mehrstimmigen Stücke ist am ehesten charakterisiert, wenn man von »Liedbearbeitungen« spricht. Ihre zentrale musikalische Achse wird jeweils von einer Melodie (dem »cantus firmus«) gebildet, die in der Regel vom Komponisten als bereits existierende übernommen und in die Tenorstimme des zu schreibenden Tonsatzes gelegt wurde. Als solche melodischen »Kerne« fungierten oft Gemeindelieder. Zum cantus firmus wurden drei oder vier weitere Stimmen hinzugesetzt, und hierbei lassen sich zwei verschiedene satztechnische Grundtypen unterscheiden.
Stücke des ersten Typs werden häufig von einer Imitation eröffnet. Den Tenor umranken individuell verlaufende und meist bewegtere Stimmen; gleichzeitige Kadenzbildungen des gesamten Stimmenverbandes werden eher vermieden. Während diese (polyphonere) Satzart, die sich am reinsten in einem Sterbelied von Johann Walter findet (Nr. 6), damals stilistisch rückwärtsgewandt, »gotisch« war, folgte der zweite Typ den modernen musikalischen Tendenzen der Zeit: am Tenorrhythmus orientiert, werden alle Stimmen weitgehend homophon geftilirt; der Komponist gestaltete primär die Folge der Klänge und Kadenzen. Auch diese Setzweise ist in der vorliegenden Auswahl durch ein unverfälschtes Beispiel vertreten (Nr. 4), zum großen Teil aber lassen die Stücke eine Mischform erkennen, die einmal starker vom ersten, das andere Mal vom zweiten Typ geprägt ist. Wirkungsvoll wird z.B. in Caspar Othmayrs motettenartiger Bearbeitung von Luthers »Ein feste Burg« (Nr. 10) den polyphonen Partien eine abgesetzte homophone »Insel« gegenübergestellt. Von Ludwig Senfl, dem bedeutendsten deutschen Komponisten der Reformationszeit, ist neben zwei weltlichen ein besonders kunstvoller geistlicher Satz eingespielt (Nr. 12), in dem der cantus firmus zwei Tenores übertragen ist, die einander kanonisch imitieren. Formal Ungewöhnlichem begegnen wir schließlich bei Ducis (Nr. 8): der Tenor trägt als Vorsänger einzelne Lied-Zeilen vor und fügt sich dann jeweils in den gleichsam antwortenden Ensemblesatz ein.
Vervollständigt wird diese Aufnahme durch zwei einstimmige geistliche Lieder. Es sind Kostproben des deutschen Meistersangs, der in seiner Spätzeit vielfach in engen Beziehungen zur Reformation stand. Daß das Lied »im langen Ton« (Nr. 11) aus der Feder Wolframs von Eschenbach und demnach bereits aus dem frühen 13. Jahrhundert stammen soll, ist wohl nicht mehr als eine schöne Legende. Unzweifelhaft ist dagegen, daß es sich bei der »Silberweise« (Nr. 9) um eine der berühmtesten dichterisch-melodischen Hervorbringungen von Hans Sachs (1494 1576) handelt - jenem Schuster, dem Wagner in den »Meistersingern von Nürnberg« ein musikalisches Denkmal gesetzt hat.

Thomas Gerlich




Songs of the Reformation

Martin Luther's Ninety-five Theses of 1517, written in opposition to the Church's trade in indulgences, set in motion a religious reform movement in Germany that ultimately split the Western Church. In its functions as vehicle of praise, bringer of edification and didactic tool, music was very important to Luther. It is thus not surprising to find an extensive repertoire of specifically Protestant church music forming even before the middle of the sixteenth century, and it is from this repertoire that most of the pieces presented here have been taken. One should not presume that they were originally written for liturgical use alone. They were aimed just as much at better-class schools, gatherings of devout friends and domestic worship.

It would be wrong to understand the word "songs" in the title of this CD in the sense of the art songs or "Lieder" which we connect with Schubert, for example. The style and structure of these 13 polyphonic pieces is perhaps best characterized by the term "vocal arrangements". The central musical axis of each is usually formed by placing an already existing (the "cantus firmus") melody in the tenor part. These melodic "nuclei" were in fact often church hymns. The cantus firmus was then supplemented by three or four additional parts, and here two separate compositional types may be distinguished. In the first, the pieces frequently open with an imitation. The tenor part is entwined by parts of individual and usually more mobile character; the formation of cadences in all the parts simultaneously is generally avoided. While this (more polyphonic) method of composition—found in its purest form in the lament by Johann Walter (no 6)—was at the time stylistically retrogressive or "Gothic", the second type followed the musical tendencies of the time. Oriented around the rhythm of the tenor part, the part-writing was largely homophonic; the composer was primarily involved in establishing the sequence of sounds and cadences. This style of setting, too, is represented here by an unadulterated example (no 4), but most of the pieces represent a mixed form in which elements of one type or the other tend to predominate. Caspar Othmayr's motet-like arrangement of Luther's "Ein feste Burg" (no 10) is an effective example of how a homophonic "island" may be set off against polyphonic passages. Two secular pieces by Ludwig Senfl, the most significant German composer of the Reformation, are represented here, as well as a particularly elaborate sacred one (no 12), in which the cantus firmus is taken by two tenors, who imitate one another in canon. Finally, we meet up with formal peculiarities in Ducis (no 8): in the role of precentor, the tenor introduces single lines of the song, only to blend in with the seemingly antiphonal response from the ensemble.

The rest of this recording is made up of two monophonic sacred songs. They are samples of the German Meistersang, whose later forms stood in intimate relation to the Reformation in many respects. The idea that the song "im langen Ton" (no 11) stems from the pen of Wolfram von Eschenbach—and thus from the early thirteenth century—is surely no more than an appealing legend. We know for certain, on the other hand, that "Silberweise" (no 9) is one of the most famous poetic and melodic confections of Hans Sachs (1494-1576), the cobbler whose name Wagner immortalized in the "Mastersingers of Nuremberg".

Thomas Gerlich
Translation: J & M Berridge


IMAGEN