media vita in morte sumus  /  Ioculatores


Ein Spiel um die letzten Dinge
A game of death and the life to come







medieval.org
Raum Klang RK 9707

2004
(Aufnahme im Juni 1997)













1. Prolog: Die Weisheit der Welt  [2:01]
2. Media vita in morte sumus  [2:45]
responsorium, sæc. X


Mobilia sunt sortis fœdera
Die Bünde des Schicksals sind unbeständig. aus: O varium fortune
3. Hievor ein werder ritter lac  [3:08]   DER GUTERE, sæc. XIV
4. O varium fortune lubricum  [1:42]   Carmina Burana, sæc. XIII   CB  14


Quid faciam miser ubique fugiam?
Was soll ich Elender tun und wohin kann ich fliehen? aus: Totenoffizium
5. Kreuzzugslied  [2:32]   THIBAUT de Champagne, sæc. XIII

6. Diu menscheit muoz verderben | Crucifigat omnes  [3:41]
Walther von der VOGELWEIDE, sæc. XIII | Codex Las Huelgas, sæc. XIV   Hu  97

7. Ad mortem festinamus  [6:55]   Llibre Vermell de Montserrat, sæc. XIV  LV  10
8. Madre de Deus  [2:14]   Cantigas de Santa Maria, sæc. XIII   CSM 422
9. Der Tod und die Liebe  [0:14]   FREIDANK, sæc. XIII
10. Saltarello in fine  [2:23]   nach Dies iræc. dies illa


11. Media vita in morte sumus   [3:23]


Heri natus hodie moritur / finem habet omne, quod oritur
Das, was gestern geborn, ist heute tot / alles Werden erlebt des Endes Not. aus: Archipoeta
12. Ples de tristor  [4:59]   Giraut de RIQUIER, sæc. XIII
13. Der doten dantz | Saltarello in fine  [6:58]
Text: Totentanz, sæc. XV


Placebo Domino in regione vivorum
Im Jenseits werde ich dem Herrn gefällig sein. aus: Totenoffizium
14. Dies irae dies illa | Totengeläut  [7:02]   Sequenz der Totenmesse, sæc. XIII
15. In paradisum | Chorus angelorum | Ego sum resurrectio  [3:28]
Antiphonen der Exsequien, sæc. X


16. Media vita in morte sumus  [3:53]
17. Epilog. Das rad der fortuna  [3:54]















IOCULATORES

Susanne Ansorg - Fidel, Rebec
Sabine Heller - Harfe
Alexander Dinter - Laute, Gesang (Schola), Sprecher #1, 4
Veit Heller - Portativ, Zink, Gesang (Schola)
Kay Krause - Laute, Gesang (Schola)
Michael Metzler - Perkussion, Gesang (Schola)
Sebastian Pank - Schalmei, Flöte, Gesang (Schola)
Robert Weinkauf - Gesang (Solo, Schola), Sprecher #1
Jörg Peukert - Sprecher

Gäste
Gesine Adler - Gesang (Schola)
Miriam Andersén - Gesang (Solo #3, 12, 15)
Tilmann Ludwig - Gesang (Schola, Solo #10)
Michael Schaffrath - Gesang (Schola, Solo #16)
Ingolf Seidel - Gesang (Schola)

Bearbeitungen und Arrangements: IOCULATORES
(#12, 15: IOCULATORES/Miriam Andersén)



Das Leipziger Ensemble IOCULATORES wurde 1984 gegründet und beschäftigt sich seitdem mit der Erforschung und Aufführung instrumentaler und vokaler Musik des abendländischen Mittelalters. In thematisch konzipierten Programmen widmet sich das Ensemble der Lebenskultur, der Weltsicht und der Historie vor 1500 und macht diese musikalisch erlebbar. Auf authentischem Instrumentarium entstanden verschiedene CD-Aufnahmen bei RAUMKLANG, sowie Rundfunk- und Fernsehproduktionen. Seit 1991 ist IOCULATORES Initiator des internationalen Festivals für mittelalterliche Musik montalbâne in Freyburg/Unstrut.

The Leipzig-based ensemble IOCULATORES was founded in 1984, and has researched and performed western mediaeval instrumental and vocal music ever since. Its thematic programmes comprise musical depictions of pre-1500 culture, philosophy and history. Performing on authentic instruments, IOCULATORES has released a number of CDs on RAUMKLANG and appeared in radio and television productions. Since 1991 IOCULATORES has staged the montalbâne international festival of mediaeval music in the town of Freyburg on the River Unstrut.








Bestell-Nr.: RK 9707

Die Tonaufnahmen entstanden im Juni 1997 in der Klosterkirche Thalbürgel.
Wir bedanken uns bei Christine Freygang und bei der evangelischen Kirchgemeinde der Klosterkirche Thalbürgel.

Produktion: Sebastian Pank und IOCULATORES
Tonaufnahme/Schnitt: Sebastian Pank
Translation: Chris Abbey

Abbildungen
Booklet: Holzschnitte 15. Jh. von Matthäus von Krakau (?), Serie Ars moriendi
Totentanz mit Illustrationen, bei Heinz Knoblochtzer/ Heidelberg 1485 ...1492
Digipak: Stills aus einem Film über IOCULATORES von Monika Lawrenz
Grafische Gestaltung: KOCMOC.neT
© und ℗ Raumklang 2004

www.raumklang.de




English liner notes











media vita in morte sumus

Das Leben des mittelalterlichen Menschen war in vielfältiger Weise mit dem Tod konfrontiert. Grausame Kriege und Kreuzzüge, verheerende Hungersnöte, Kindersterblichkeit und unvorstellbare Pestepidemien zehrten an Gesundheit und Lebensmut. Im Totentanz drückte sich die Allgegenwärtigkeit des Todes exemplarisch aus: Bettler, Bürger, Kleriker und Edelleute, Kaiser und Papst werden gleichermaßen vom Sensenmann in den Reigen geführt. Und wenn Dichtung und Darstellung tanzend lebendig werden, dann wird das Leben selbst als Totentanz inszeniert.

In unvergleichlicher Weise beeinflusst die unvorhersehbare Allmacht des Todes das Leben und die Kultur im Mittelalter. Aufbauend auf den christlichen Hoffnungen auf ein Leben nach dem Tode eskalieren im Hohen Mittelalter die Vorkehrungen, die aus Sorge um das Seelenheil schon zu Lebzeiten zu treffen sind. Das ganze Leben steht unter dem Vorzeichen des memento mori (vgl. Psalm 90.12). Die in bizarrer Logik entwickelten und perfektionierten Ideen von Hölle, Fegefeuer, Jüngstem Gericht und dem ewigen Reigen der Seligen im Himmel werden zu prägenden Gedanken. Es entwickelt sich eine Kultur des »schönen Todes«. Von hier aus dringt das Ideal des Todes als der eigentlichen Erfüllung des Lebens in alle Bereiche vor. Der Liebestod wird zur Erfüllung des Sehnens der Minnenden verklärt, der Opfertod der Märtyrer zum Ideal der Lebensvollendung. Die sterblichen Reste der Heiligen, die Reliquien, sind lebensspendende Objekte der Anbetung und Verehrung, von denen unglaubliche Wunder ausgehen ...

Die ars moriendi (Kunst des Sterbens) hat mannigfache Spuren hinterlassen und hat die Künste zu Höchstleistungen inspiriert. IOCULATORES stellt in dieser Einspielung Musik und Dichtung unterschiedlichster Herkunft und kultureller Zusammenhänge einander gegenüber und skizziert so ein Bild jenseitsbewußter Lebensfülle, das grundlegend ist für das Weltverständnis des mittelalterlichen Menschen, dem der Tod kein Tabu war.

Die konzeptionelle Heterogenität wird gerahmt in der Erkenntnis: media vita in morte sumus - inmitten des Lebens ist um uns der Tod (Notker Balbulus, †912). Und der christlichen Heilsgewissheit entsprechend wird schließlich das memento mori hoffnungsweisend überholt: »Die Engel mögen dich ins Paradies führen, die Märtyrer deine Ankunft erwarten und dich in das himmlische Jerusalem geleiten. Der Chor der Engel möge dich aufnehmen und mit dem armen Lazarus soll dir die ewige Ruhe zuteil werden.« Im Klangrausch des rotierenden Glockenrades - während des hohen und späten Mittelalters ein außerordentlich vielschichtiges optisch-klangliches Symbol - verschmelzen Diesseitigkeit und Jenseitigkeit, durchdringen sich universale Gesetzmäßigkeit, göttliche Vorsehung und lebendige Veränderlichkeit.

Und so birgt auch gerade die Umkehrung des berühmten Notker-Wortes die Tiefendimension mittelalterlichen Todesverständnisses, das uns Heutige oft staunen macht:
media morte in vita sumus.


Um die unterschiedlichen, teilweise sehr gegensätzlichen Sichtweisen auf dieses Thema und ihre Ausdrucksweisen in eine Dramaturgie einzubinden, arbeitete IOCULATORES in konzertanten Aufführungen mit variablen Spielorten und Ausschnitten historischer Texte. Auch die CD-Einspielung greift auf veränderliche Klangräume zurück und gewinnt teilweise hörspielartigen Charakter. Während der Aufnahmetage wurde die romanische Klosterkirche zu Thalbürgel einschließlich ihres Vorhofes zur akustischen Kulisse und die Zeremonie der Aufnahme glich mitunter der einer Filmproduktion. Dazu gehörte auch das Spielen in der Bewegung von einem Klangraum zum anderen, wobei das einzig verwendete Kugelflächenmikrofon mitgeführt wurde. Selbst die Naturgewalt eines kräftigen Sommergewitters floss spontan in die Dramaturgie ein.






media vita in morte sumus

People in mediaeval times were confronted by death in many different ways. Their strength was sapped and their will to live worn down by violent wars and the Crusades, devastating famine, child mortality and unimaginable plague epidemics. The omnipresence of death was expressed in the danse macabre: beggars, townsfolk, clerics and nobles, emperors and the Pope - no one escaped the dance of the Grim Reaper. And when poetry and visual depictions were brought to life in dance, life itself became the 'dance of death'.

The unpredictable omnipotence of death uniquely influenced life and culture in the Middle Ages. Based on Christian hopes of life after death and prompted by the desire for spiritual salvation, the precautions taken escalated in the High Middle Ages. People's entire lives were dominated by the maxim memento mori (cf. Psalm 90.12). The ideas of hell, purgatory, the Last Judgement and the eternal dance of the blessed in heaven became all-pervading. A culture of death as something beautiful emerged, the resulting ideal of death as the final fulfilment spreading to all areas of life. 'Death in love' became the consummation of the yearning felt by courting suitors, while martyrdom became the ultimate way of rounding off one's life. Meanwhile relics - the mortal remains of saints - became venerated as objects that could produce incredible miracles.

Ars moriendi (the 'art of dying') inspired fantastic cultural works. For this recording, IOCULATORES compiled music and writings of diverse origins and cultural backgrounds, painting a picture of the richness of human existence conscious of the afterlife - a view that was intrinsic to mediaeval philosophy, in which death was not taboo.

This conceptual heterogeneity is bookended by the realisation that media vita in morte sumus ('in the midst of life we are in death', Notker Balbulus, †912). In line with the Christian certainty of salvation, in the end memento mori is optimistically revised: "May the angels lead you to paradise, the martyrs await your arrival and accompany you into the heavenly Jerusalem. May the choir of angels receive you and may you be granted eternal peace with poor Lazarus." Life and death merge in the sound of the rotating bell wheel (an extraordinarily complex optical and tonal symbol in the High and Later Middle Ages) while universal laws, divine Providence and living variability pervade each other. Hence the inversion of Notker's famous quote harbours the depth of the mediaeval view of death that often amazes contemporary society: media morte in vita sumus.


In order to incorporate the different, sometimes diametrically opposing views on this topic and their modes of expression into a dramaturgical whole, IOCULATORES used excerpts from different historical texts in concertato performances at a number of venues. This recording uses different acoustic environments, too, acquiring something of the nature of a radio play. At the recording sessions, the Romanesque monastery church in Thalbürgel (including its vestibule) was the acoustic backdrop, the recording ceremony sometimes being reminiscent of a film production. Recording techniques included performing while moving from one acoustic environment to the next, the sole surround sound microphone used being carried in the process. Moreover, the dramaturgy was spontaneously enhanced by the forces of nature in the form of a violent summer storm.






IMAGEN




1
Prolog: Die Weisheit der Welt

2
Media vita in morte sumus
Responsorium, zugeschrieben Notker Balbulus, † 912

3
Hievor ein werder ritter lac
Der Gutere, Jenaer Liederhandschrift,  sæc. XIV
In dieser Parabel liegt ein Ritter auf seinem Sterbebette. Da tritt eine wunderschöne, reich gekleidete Frau ins Zimmer. Der Ritter fragt, wer sie sei und sie antwortet: »Ich bin die Welt und komme, dir den Lohn zu bringen, weil du mir dein ganzes Leben gedient hast.« Da wendet sie sich zum Gehen und zeigt so dem Ritter ihren Rücken: das modrige Fleisch ist aufgebrochen und Kröten und Würmer wimmeln im Gestank.
In this parable, a knight is on his deathbed when a beautiful, lavishly dressed woman enters the room. On being asked by the knight who she is, she replies: "I am the world and I have come to reward you for having spent your whole life in my service." She then makes to leave, turning her back to the knight: her musty flesh is torn to shreds and teeming with toads and worms.

4
O varium fortune lubricum
Text: Carmen Buranum Nr. 14, Benediktbeuren, um 1230

5
Kreuzzugslied (instr.)
Thibaut de Champagne, 1201-1253
Dieses Kreuzzugslied von Thibaut IV., Graf von Champagne und Brie entstand wohl im Zusammenhang mit dem französischenl Kreuzzug nach Jerusalem von 1239-41, dessen Führung Thibaut zeitweilig innehatte. Thibaut, der Ururenkel Wilhelms X. von Aquitanien (1071-1127), des ersten Troubadours, hat die Dichtkunst von seinen Vorfahren ererbt. Sein Werk (541 Texte und 410 Melodien!) ist das an Umfang größte aller Trouvères, seine beliebten Melodien lebten bis ins 14. Jahrhundert hinein in zahlreichen Kontrafakturen weiter.
This crusade song by Thibaut IV, the Count of Champagne and Brie (1201-53), was probably written in connection with the French crusade to Jerusalem in 1239-41, which Thibaut led for a while. Thibaut, the great-great-grandson of William X, Duke of Aquitaine (1071-1127) and the first troubadour, clearly inherited the lyrical skills of his forebears. His oeuvre (an astonishing 541 lyrics and 410 melodies!) was the greatest of any of the trouvères and his popular melodies survived in numerous contrafacta until well into the 14th century.

6
Diu menscheit muoz verderben
Walther von der Vogelweide, ...1170- 1228, im Kreuzton (entstanden wohl 1227)
Aufruf zur Beteiligung am V. Kreuzzug (unter Friedrich IL, 1228/ 29) zur Eroberung Jerusalems
A call to arms to participate in the Fifth Crusade (1228/29, led by Frederick) to conquer Jerusalem

Crucifigat omnes (instr.)
Conductus, Codex las Huelgas de Burgos, sæc. XIV

7
Ad mortem festinamus
Llibre Vermell de Montserrat, sæc. XIV
»Wir eilen in den Tod« (ein Pilgerlied):
»Lasst uns umkehren und das nichtige Treiben dieser Welt verachten, dann werden wir gerüstet sein für den Tag des Jüngsten Gerichtes.«
"We are hastening to death" (pilgrims' song):
"Let us change our ways and scorn the frivolous goings-on of this world, and then we shall be prepared for the Last Judgement."


8
Madre de Deus
Cantigas de Santa Maria, Sammlung Alfonso El Sabio X. von Kastilien und Leon, † 1284
Gebet an die Jungfrau Maria um Beistand und Fürbitte in der Stunde des Jüngsten Gerichtes
Prayer to the Virgin Mary for assistance and intercession at the Last Judgement.

9
Der Tod und die Liebe
Freidank, sæc. XIII

10
Saltarello in fine (instr.)
nach »Dies iras dies illa«, sæc. XIII, und London, British Library add. 29987, sæc. XIV
Rekonstruktion: IOCULATORES

11
Media vita in morte sumus

12
Ples de tristor
Guiraut Riquier, ... 1254 -1292 ...

13
Der doten dantz mit figuren clage und Antwort schon von allen staten der werlt | Saltarello in fine
Text: Totentanz mit Illustrationen, bei Heinz Knoblochtzer/Heidelberg gedruckt, 1485...1492
Rekonstruktion: IOCULATORES
Jeweils achtzeilige Wechselreden zwischen dem Tod (als Spielmann abgebildet) und verschiedenen Personen. Zu den einzelnen Versen werden die in den Illustrationen dargestellten Instrumente gespielt.
'The dance of death with figures from all the states of the world lamenting and answering' was the title of a danse macabre in the form of an illustrated book. Printed in Heidelberg between 1485 and 1492 by Heinz Knoblochtzer, it shows death as a minstrel playing a string of different instruments engaged in eight-line dialogues with various people. On the recording, the individual verses are accompanied by the instruments depicted in the book.

14
Dies iræ dies illa | Totengeläut
Sequenz der Totenmesse (1256), zugeschrieben Thomas von Celano
Auf der Grundlage der biblischen Vorstellungen vom Weltenende beschreibt die dem Franziskaner Thomas von Celano († 1260) zugeschriebene Sequenz der Totenmesse in 17 dreizeiligen Strophen zunächst das Geschehen des Jüngsten Tages sowie Furcht und Bangen vor dem Gericht, um darauf in ein Gebet um Gnade einzumünden. Drei weitere, zweizeilige Strophen sprechen die Fürbitte für den Verstorbenen aus. Die musikalische Gestalt der Sequenz unterstreicht die inhaltliche Aussage: das immer wiederkehrende Melodieschema der ersten 17 (gereimten) Strophen unterstreicht die Strenge und Unausweichlichkeit des Gerichtes, die aber durch die vollkommen andere Melodie der Gnadenbitte der letzten drei Strophen überwunden wird.
Based on biblical images of the end of the world, this sequence in 17 tercets from the requiem mass attributed to Thomas of Celano († 1260) starts by describing the events at the Last Judgement and the fears and apprehensions of those about to be judged, before switching to a prayer for mercy. Three other couplets appeal for intercession on behalf of the dead. The content is underlined by the musical structure: the constantly repeating melody of the first 17 (rhyming) verses brings home the stern, inescapable nature of the Last Judgement - but is then overcome by the completely different melody behind the plea for mercy in the final three verses.

15
In paradisum | Chorus angelorum | Ego sum resurrectio 
Antiphonen (10. Jahrhundert) aus der Exsequien-Feier zum Geleit des Leichnams aus der Kirche zum Grabe.
»Die Engel mögen dich ins Paradies führen, die Märtyrer deine Ankunft erwarten und dich in das himmlische Jerusalem geleiten.«
»Der Chor der Engel möge dich aufnehmen und mit dem armen Lazarus soll dir die ewige Ruhe zuteil werden.«
»lch bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmermehr sterben.«
Tenth-century antiphons from the exequies performed by a cortège from the church to the grave.
"May the angels lead you to paradise, the martyrs await your arrival and accompany you into the heavenly Jerusalem."
"May the choir of angels receive you and may you be granted eternal peace with poor Lazarus."
I am the resurrection, and the life: he that believeth in me, though he were dead, yet shall he live: And whosoever liveth and believeth in me shall never die."


16
Media vita in morte sumus

17
17. Epilog: Das rad der fortuna


Spruchdichtung/Mediaeval lyric poetry
Die gesprochenen Texte stammen aus Freidanks »Bescheidenheit« (im Sinne von »Lebensweisheit«), einer um 1230 entstandenen Sammlung kurzer, sprichwortähnlicher Spruchdichtung. Freidank (t 1233), der aus Südwestdeutschland stammt, beschäftigt sich in moralisierendem Tonfall mit einer Vielzahl von Themen der mittelalterlichen Lebenswelt (Religion, Recht, Krankheit, Kreuzzüge, Tiere, Hunger, Trunkenheit, Ehre, Tod usw.). Freidank war bürgerlicher Herkunft und hatte wohl eine klerikale Ausbildung erfahren. Wir wissen von Freidanks Teilnahme am V. Kreuzzug unter Kaiser Friedrich II. (1228/29).
The spoken lyrics are taken from Freidank's Bescheidenheit (in this case meaning "Wisdom"), a collection of gnomic verse which seems to have been written in about 1230. In it Freidank († 1233), who came from south-west Germany, dealt in a moralising, didactic tone with a host of aspects of mediaeval life (religion, law, disease, the Crusades, animals, starvation, drunkenness, honour, death, etc). Freidank was of burgher origin and probably underwent clerical training. He is also known to have taken part in the Fifth Crusade led by Frederick II in 1228-29.