Gregorianischer Choral
Gesänge aus dem Weihnachtsfestkreis
Choralschola der Wiener Hofburgkapelle


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choralschola.at
muziekweb.nl

1986
Philips Classics 416 808-1 (LP)
Philips Classics 416 808-2 (CD)

Oktober 1985
Wiener Hofburgkapelle




Propriengesänge aus dem Weihnachtsfestkreis
"In Nativitate Domini"





1 - Hymnus: Christe Redemptor   [2:46]
Vesperas tempore Nativitatis Domini


In Nativitate Domini ad Missam in die
2 - Introitus: Puer natus est nobis   [2:55]
3 - Kyrie V   [1:51]
Kyrie magnae Deus potentiae, Vat V.
4 - Gloria V   [3:29]
5 - Graduale: Viderunt omnes   [2:27]
6 - Alleluia. Dies sanctificatus   [1:54]
7 - Offertorium: Tui sunt caeli   [1:41]
8 - Sanctus V   [1:24]
9 - Agnus Dei V   [1:53]
10 - Communio: Viderunt omnes   [2:30]


11 - Hymnus: A solis ortus   [3:54]
Laudes matutinas tempore Nativitatis Domini


In Nativitate Domini ad Missam in vigilia
12 - Introitus: Hodie scietis   [2:06]
13 - Graduale: Hodie scietis   [3:22]
14 - Alleluia. Crastina die   [1:33]
15 - Offertorium: Tollite portas   [1:16]


16 - Responsorium: O magnum mysterium   [3:09]
Nativitate Domini ad Matutinum
17 - Graduale: Alleluia. Multifarie Olim   [2:55]
Octavam Nativitatis Domini
18 - Introitus: Dum medium   [3:33]
Dominicae secundae post Nativitatem


In Epiphania Domini
19 - Introitus: Ecce advenit   [2:29]
20 - Graduale: Omnes de Saba   [2:32]


21 - Offertorium: Benedictus   [1:55]
In Baptismate Domini
22 - Antiphona: Alma Redemptoris   [1:44]
Beatae Mariae Virginis





Choralschola der Wiener Hofburgkapelle
Peter Hubert Dopf S.J.




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Wurzel Abendländischer Musik

Die katholische Kirche feiert am ersten Weihnachtstag drei verschiedene Messen: die erste in der Weihnachtsnacht, die zweite in der Morgenfrühe, die dritte am Vormittag. Jede dieser Messen hat ihr eigenes Meßproprium, d.h. ihre eigene Folge der täglich wechselnden Gesänge von Introitus, Graduale, Alleluja, Offertorium und Communio, zu denen sich die feststehenden Gesänge des Meßordinariums, also Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus/Benedictus und Agnus Dei gesellen. Unsere Aufnahme bringt die gesamten Gesänge der dritten Weihnachtsmesse mit Ausnahme des Credo. Gerahmt werden sie von den Hymnen »Christe redemptor« und »A solis ortus«, die jedoch nicht zur Meßliturgie gehören, sondern in das Stundengebet, die sogenannten Horen.

Der gregorianische Choral, dessen Vorzugsstellung in der Liturgie das Zweite Vatikanische Konzil ausdrücklich bestätigt hat, ist einstimmig und stellt in seiner in mehreren Jahrhunderten gewachsenen Gestalt den Höhepunkt einer kunstvollen Monodie im abendländischen Bereich und zugleich die Wurzel der gesamten abendländischen Musik dar. Er richtet sich nicht nach unserem Dur-Moll-System, sondern nach einem der griechischen Musik entnommenen Prinzip der sogenannten Kirchentonarten, in welchen die natürlichen Halbtöne e-f und h-c immer an einer anderen Stelle der Tonleiter liegen. Daraus ergibt sich eine melodische Mannigfaltigkeit sondergleichen, aber auch eine eigene Ausdruckscharakteristik eines jeden dieser acht »Modi«. Als markantes Beispiel sei der leuchtende VII. Ton genannt, der dem Weihnachtsintroitus »Puer natus est« sein festliches, jubilierendes Gepräge gibt. Für das Ordinarium der dritten Weihnachtsmesse wurde in dieser Aufnahme das fünfte des römischen Graduale im VIII. Ton gewählt. Es ist für Hochfeste gedacht und entsprechend reich in seiner schwingenden Melismatik vor allem des Kyrie, Sanctus und Agnus Dei. Es figuriert unter dem Namen »Kyrie magnae Deus potentiae«, einem sogenannten Tropus, der in früheren Jahrhunderten dem Kyrie eingeschoben wurde. Das Konzil von Trient schaffte diese Tropierungen ab.

Weiterhin bietet diese Aufnahme Gesänge aus den Tagen um Weihnachten, vorwiegend Teile aus Meßproprien. Der Introitus »Hodie scietis«, das Graduale mit gleichem Text, das Alleluja »Crastina die« sowie das Offertorium »Tollite portas« sind der Messe am Vorabend (Vigil) des Weihnachtsfestes entnommen. Das umfangreiche Graduale im II. Ton ist ein besonders schönes Beispiel ausgreifender melismatischer Kunst. Das Alleluja »Multifarie olim« im VII. Ton wird in der Messe zum Fest der Beschneidung des Herrn am 1. Januar, dem Oktavtag von Weihnachten, gesungen. Der Introitus »Dum medium« im feierlichen VIII. Ton stammt aus der Messe vom Sonntag innerhalb der Weihnachtsoktav.

Von besonderer Bedeutung sind die beiden Gesänge aus der Messe zum Fest der Erscheinung des Herrn (Dreikönige) am 6. Januar, gehört dieses Meßproprium doch zu den ältesten und schönsten des Kirchenjahres. Wir hören den Introitus »Ecce advenit« im II. und das wiederum feierlich ausschwingende Graduale »Omnes de Saba« im V. Ton. Das Responsorium »O magnum mysterium« und die Antiphon »Alma redemptoris mater« gehören nicht zur Meßliturgie, sondern zum Stundengebet. Das letztere Stück ist eines der sogenannten vier Marianischen Antiphonen, die abwechselnd zu den verschiedenen Festzeiten des Kirchenjahres gesungen werden. Das »Alma redemptoris« ist der Weihnachtszeit zugeordnet.

Alfred Beaujean




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Fra Angelico: Incoronazione della Vergine
Galleria degli Uffizi, Firenze