Mit vier Blockflöten durch vier Jahrhunderte  /  Quartetto Con Affetto









medieval.org
Animato ACD 6037

1999
[53:30]









1. Maravillosos et Piadosos   [3:56]   ALFONSO el Sabio, 1221-1284   CSM  139
1. Sopran in c' | 4. Alt in f' | 5. Tenor in c' | 8. Bassett in f


Eustache du CAURROY, 1549-1609
2. Huictièsme Fantaisie   [3:49]
3. Uncièsme Fantaisie   [1:17]
3. Alt in f' | 6. Tenor in c' | 8. Bassett in f | 10. Baß in c


4. La Dama le demanda   [2:36]   Antonio de CABEZÓN, 1510-1566
5. Tenor in c' | 6. Tenor in c' | 9. Bassett in f | 11. Alt in g'


Georg Philipp TELEMANN, 1681-1767
Konzert d-moll aus Tafelmusik, 2. Teil
5. Andante   [3:04]
6. Vivace   [4:14]
7. Andante   [3:04]
8. Vivace   [4:14]
12. Alt in f' | 13. Alt in f' | 14. Alt in f' | 15. Bassett in f


9. Fancy   [3:27]   James HARDING, 1575-1626
1. Sopran in c' | 3. Alt in f' | 5. Tenor in c' | 8. Bassett in f


10. Fancy   [2:38]   Rinaldo PARADISO, 16./17. Jhd.
2. Alt in g' | 3. Alt in f' | 5. Tenor in c' | 8. Bassett in f


11. Ut re mi fa sol la   [5:02]   Robert PARSONS, 1530-1570
2. Alt in g' | 3. Alt in f' | 5. Tenor in c' | 8. Bassett in f


12. Pavane Lachrymae   [4:46]   William BYRD, 1543-1623
1. Sopran in c' | 3. Alt in f' | 5. Tenor in c' | 8. Bassett in f


13. Diferencia   [2:19]   Antonio de CABEZÓN, 1510-1566
1. Sopran in c' | 3. Alt in f' | 5. Tenor in c' | 8. Bassett in f


NEIDHART von Reuental, ca. 1180- nach 1237
14. Winder wi ist nu   [5:54]
1. Sopran in c' | 7. Tenor in c' | 9. Bassett in f | 11. Alt in g'









Quartetto Con Affetto
Lucia Dimmeler
Eva Grießhaber
Bettina Haugg
Manuela Mohr




Renaissance-blockflöten-ensemble (a' = 465 Hz)
aus der Werkstatt von Walter Mehl und Ernst Meyer, St. Gallen:
1. Sopran in c'
2. Alt in g'  |  3. Alt in f'  |  4. Alt in f'
5. Tenor in c'  |  6. Tenor in c'  |  7. Tenor in c'
8. Bassett in f  |  9. Bassett in f  |  10. Baß in c

11. Alt in g' nach Ganassi von E. Meyer


Hochbarocke Blockflöten (a' = 415 Hz):
12. Alt in f'  |  13. Alt in f' nach Bressan von E. Meyer
14. Alt in f' nach Denner von E. Meyer
15. Bassett in f von Yamaha






Wir danken der höflichen Familie Bernadotte sehr herzlich,
die uns den "Weißen Saal" des Barockschlosses Mainau/Bodensee
für die Aufnahme dieser CD zur Verfügung stellte.

Aufnahme-Ort: Schloß Mainau/Bodensee
Aufnahme-Zeit: 8. und 9. März 1999
Grafik: Uta Regenscheit
Fotos: Holger Georg






English liner notes



















MIT VIER BLOCKFLÖTEN DURCH VIER JAHRHUNDERTE

In der Renaissance wurde die Blockflöte weniger als Soloinstrument, sondern vielmehr im Consort (Ensemble) eingesetzt. Verschiedene, auf einander abgestimmte Blockflötenkombinationen sind aus der Literatur dieser Zeit zu ersehen. Daher lassen sich zahlreiche vokale und instrumentale Musikstücke auf Blockflötenconsort übertragen, ohne dass man große Eingriffe in die Komposition vornehmen muss.

Die vorliegende CD präsentiert Ensemblemusik aus vier Jahrhunderten: dem 13., 16., 17. und 18. Jahrhundert, in der Bearbeitung für vier Blockflöten.

Das erhaltene Liedwerk Neidhard von Reuentals aus dem 13. Jahrhundert ist inhaltlich und formal unterschieden in "Sommer-" und "Winterlieder", die eine Beschreibung der Natur der jeweiligen Jahreszeit darstellen. Die kunstvoll konzipierten Winterlieder wie "Winder wi ist nu" sind im Gegensatz zu den einfach geformten Sommerliedern zum Tanz in geschlossenen Räumen gedacht. Sie gehören der Tradition des hohen Minnesangs an, wobei von Reuental die starren Formen der höfischen Dichtung durch die Sprache des einfachen Volkes ersetzt.

Dagegen steht "Maravillosos et Piadosos" (spanisch: "die Wundersamen und Frommen") von Alfonso el Sabio in der Tradition der zeitgenössischen lateinischen, provençalischen und nordfranzösischen Monodie und Polyphonic sowie der Gregorianik. El Sabio, König von Kastilien, genannt der Weise., führte das spanische Liedgut zum Höhepunkt, indem er islamische, christliche und jüdische Einflüsse vereinte.

Die Fantasie als älteste rein instrumentale Gattung entwickelte sich aus der vokalen Polyphonie. Die formale und inhaltliche Struktur entspringt allein der Phantasie des Komponisten.

Die Fantaisies Eustache du Caurroys, die für beliebige Instrumente komponiert sind, gehören zu seinen originalsten Werken, die seine Vorliebe für mathematische Zusammenhänge und den strengen Kontrapunkt ausdrücken. Sie basieren entweder auf einem liturgischen Thema, einer Chanson oder sind frei nach einem gegebenen Thema gearbeitet. Die Huictièsme und Uncièsme Fantaisie gehören dem letztgenannten Typus an. Dazu gehören ebenfalls die englischen Fancys von Rinaldo Paradiso und James Harding. Von letzterem sind nur wenige Werke erhalten, darunter zwei Fancys für Cembalo.

"Ut re mi fa sol la" von Robert Parsons, im Original für Gambenconsort, gehört der gebundenen Form der Fantasie an. Der Hexachor (ut re mi fa sol la) diente vielen zeitgenössischen englischen Komponisten als Grundlage ihrer Kompositionen. Parsons benutzt ihn als immer wiederkehrenden cantus firmus in der Oberstimme, der in den Unterstimmen durch eine imitierende und rhythmisch auffällige Satzstruktur begleitet wird.

William Byrd, ebenso wie Robert Parsons, war einer der bedeutendsten Komponisten des Elisabethanischen Zeitalters. "Pavane Lachrymae", aus dem "Fitzwilliam Virginal Book" (kopiert von Francis Tregian 1609-1619), basiert auf dem viohl berühmtesten Lied "Flow my tears" von John Dowland (1562-1626). Byrds Bearbeitung für das Virginal ist eine Diminution des Liedes im durchgehend vierstimmigen Satz.

Vorbild für Byrds Diminutionen könnten die Diferencias (spanisch: Variationen) von Antonio de Cabezon gewesen sein. Seine Werke tragen darakteristisch spanische Züge. "La Dama le demanda" ist die Diminution der bekannten französiachen Chanson "Belle qui tiens ma vie" von Toinot Arbeau (1520-1595).

Georg Philipp Telemanns dreiteilige Sammlung "Musique de Table" von 1733, zeigt welche klangliche Vielfalt durch versshiedene ausgefallene Instrumentenkombinationen möglich ist.
Das daraus entnommene Quartett d-moll ist in der Besetzung nicht eindeutig festgelegt, so dass sich mit dem vorhandenen Material verschiedene Besetzungen realisieren lassen. Ausgehend von der Besetzung fur Altblockflöte, zwei Traversflöten und Basso continuo konnten wir dieses Stuck für vier Blockflöten bearbeiten, ohne große Veränderungen der Komposition vornehmen zu müssen. Die klangliche Nähe der Blockflöte zur Traversflöte, sowie die Tatsache, dass Telemann die Traversflötenstimmen nur selten unter den Umfang der Blockflöte führte und somit nur unwesentliche Melodieknickungen nötig macht, ergibt ein dem Original doch sehr ähnliches Klangergebnis. Zudem war es im 18. Jahrhundert durchaus üblich, die Basso continuo Stimme statt von einer großbesetzten Generalbassgruppe nur von einem einzigen Bassinstrument begleiten zu lassen, ohne die Akkorde hörbar zu machen. Im Zusammenhang mit einer Blockflöte in der Oberstimme wurde die Bassstimme dann auch mit einer Bassblockflöte besetzt.

Der Begriff "Tafelmusik" findet sigh häufig im 17. und 18. Jahrhundert, wie zum Beispiel bei Johann Hermann Schein (1586-1630) in seinem "Banchetto musicale" von 1617. Er steht für musikalische Unterhaltung am Hof sowie in bürgerlichen Kreisen.

Text: Lucia Dimmeler, Eva Grießhaber




DAS QUARTETTO CON AFFETTO

entstand 1991 während der gemeinsamen Studienzeit von Lucia Dimmeler, Eva Grießhaber, Bettina Haugg und Manuela Mohr an der Freiburger Musikhochschule.

Der Name "Quartetto con Affetto" sollte die Absicht signalisieren, den Ausdrucksgehalt der Musik darzustellen.

Nach den Diplomprüfungen in Freiburg entschlossen sich die jungen Künstlerinnen zu Aulbaustudien. Durch die Wahl verschiedener Lehrer in Zürich, Basel, Karlsruhe und Leipzig sammelte das Quartet weitere umfangreiche Anregungen, die es in sein Spiel einbinden konnte.

Die Professionalität des Ensembles musste auffallen und neugierig machen: Konzerte im in- und Ausland boten immer wieder das besondere Klangerlebnis ausgefallener und durchdachter Interpretationen, die auch den Rundfunk aufmerksam werden liessen: der Hessische Rundfunk sendete 1997 ein umfassendes Klangbild des "Quartetto con Affetto". Die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Komponisten führte zu Uraufführungen kammermusikalischer und solistischer Blockflötenwerke.

Gespielt wird auf einem umfangreichen Instrumentarium: Nachbauten eines Renaissance-Ensembles (von den Blockflötenbauern Walter Meili und Ernst Meier in St Gallen, Schweiz), hochbarocke Soloflöten und modern konzipierte Instrumente stehen zur Verfügung.

Mit seiner vorliegenden ersten CD macht sich das "Quartetto con Affetto" einer breiten Hörerschaft zugänglich, wobei es aus seinem weitgefassten Repertoire, das Werke von 13. Bis zum 20. Jahrhundert umfasst, Musik aus vier Jahhunderten auswählt.

Text: Reinhard Müller










WITH FOUR RECORDERS THROUGH FOUR CENTURIES

During the Renaussance, the recorder was used more in an ensemble than as a solo instrument. Different tuned recorder combinations can be found in literature of this time period. A great number of vocal and instrumental music can therefore be transferred to a recorder ensemble without major adjustments of the composition.

This CD presents music from four centuries: the 13th, 16th, 17th, and 18th centuries in adaptions for four recorders.

Preserved songs from Neidhart von Reuental are thematically and formally distinguished as summer or winter songs which create a description of each season's nature. The artistically created winter songs such as "Winter wi ist nu" ("It is winter again") are meant for dancing inside, as opposed to the simply formed summer songs. They are part of the tradition of high minnesongs whereby Reuental substitutes the rigid forms of courtly lyrics by the language of the simple people.

In contrast is Alfonso el Sabio's "Maravillosos et Piadosos" ("The Strange and the Pious"), which is in the tradition of contemporary Latin, Provençal and Northern French monody and polyphony as well as Gregorian Chants. El Sabio, king of Castile, called the Wise, lead the Spanish songs to a climate by uniting Islamic, Christian and Jewish influence.

Fantasy as the oldest purely instrumental sort of composition, developed from the vocal polyphony. The formal and thematical structure is solely based in the imagination of the composer.

Eustache du Caurroy's Fantaisies, composed for any instrument, belong to his most original works, and express his liking for mathematical connections and a strict counterpoint. They are based either on a liturgical topic, a chanson or are based on a given topic. The "Huictièsme Fantaisie" (The 8th Fantasy) and the "Uncièsme Fantaisie" (The 11th Fantasy) belong to the latter.

Rinaldo Paradiso's and James Harding's English fancies are also based on a given topic. There are only very few preserved worth of the latter, amongst them two fancies for harpsichord.

Robert Parsons' "Ut re mi fa sol la" belongs to the restricted form of the fantasy. The hexachord (ut re mi fa sol la) was used as a basis by many contemporary English composers. For example, Parsons used it as a recurring cantus firmus in the upper voice that is accompanied by an imitating rhytmically remarkable structure in the lower voices.

William Byrd, like Robert Parsons, was one of the most significant composers of the Elisabethan time period. "Pavane Lachrymae" taken from the Fitzwilliam Virginal Book" (copied by Francis Tregian, 1609-1619) is based on John Dowland's (1562-1626) probably most famous song "Flow my tears", Byrd's adaption for the virginal is a diminution in consistently four-part writing.

Antonio de Cabezon's Diferencias (Variations) could have been the model for Byrd's diminutions. His work shows spanish characryristics. "La Dama le demanda" is a diminution of the well-known chanson "Belle qui tiens ma vie" by Toinot Arbeau (1520 - 1596).

Georg Philipp Telemann's collection "Musique de Table" (1733) in three parts shows the variety of colour in sounds possible with different unusual combinations of instruments. The quartett in d-minor taken from this collection is not fixed in its instrumentation, so that it is possible to realize it with different instruments based on the given material.

Taking one of the given instrumentations for one recorder-player, two traverso-players and basso continuo, we can easily change the traverso-parts into recorder-parts, because of the similar sound of the two instruments and the fact that Telemann did not undergo the range of the recorder.

In the 18th century it was very common to have different combinations of the instruments playing the basso continuo-part. This could very well be played by only one melodic bass-instrument. Together with the recorder in the upper voice, the bass recorder was usually playing the bass line.

The term "Musique de Table" can be frequently found in the 17th and 18th centuries, for example with Johann Hermann Schein's (1586 -1630) "Banchetto musicale" (1617). It is known for musical entertainment at court as well as in bourgeois circles.

Translation: Claudia Keller




QUARTETTO CON AFFETTO

was founded in 1991 during the studies of the four musicians Lucia Dimmeler, Eva Grießhaber, Bettina Haugg and Manuela Mohr at the Conservatory in Freiburg.

The name "Quartetto con Affetto" is to signal the intention to represent the expressive quality of music in a sounding way.

After their diplomas in Freiburg, the four young artists continued their studies in Zürich, Basel, Karlsruhe and Leipzig. By choosing different teachers for their continued training the ensemble collected more extensive ideas that they incorporated in their playing.

The professionality of the quartet began to draw attention and people's curiosity: many concerts throughout different European countries offered the special sound of extravagant and thought-through interpretations that also drew the attention of radio broadcasting. The Hessische Rundfunk broadcast a comprehensive sound picture of the "Quartetto con Affetto".

Cooperation with contemporary composers led to premieres of chamber music and solo-recorder compositions.

The artists use a broad collection of instruments consisting of historical copies of a Renaissance ensemble (from Ernst Meyer and Walter Meili in St Gallen, Switzerland) and baroque solo recorders as well as modem instruments.

With its current first CD the "Quartetto con Affetto" becomes accessible for a large audience by selecting music from four centuries of its vast repertoire that encompasses works from the 13th to the 20th century.

Translation: Claudia Keller